Akzeptanz 360° Feedback – Souveräne oder unsichere Führungskräfte: Wer ist offener für Feedback?
Nathanael Fast und Kollegen haben in einer recht aktuellen Studie genau dies untersucht, nämlich wie souveräne versus eher unsichere Manager auf Feedback ihrer Mitarbeiter reagieren. Welche Gruppe ist wohl insgesamt offener und eher bereit, sich mit den Ansichten anderer auseinanderzusetzen?
Man könnte vielleicht denken, dass die souveränen/selbstsicheren Manager eher weniger geneigt sind auf Feedback ihrer Mitarbeiter zu hören, denn sie sind sich ihrer Sache ja recht sicher. Die Forscher finden aber das gegenteilige Muster, was mich etwas überrascht hat.
Ergebnisse
In einer ersten Fragebogenuntersuchung beobachteten Nathanael Fast und seine Kollegen, dass Manager mit geringerem Selbstbewusstsein (hinsichtlich Ihrer Fähigkeiten als Manager) häufig Mitarbeiter haben, die sich durch ihren Chef kaum ermutigt fühlen offenes Feedback zu geben. Eine zweite Studie sollte die Ursachen genauer hinterfragen:
131 Versuchspersonen lasen eine fiktive Geschichte, in der sie als Manager einer Airline für eine zunehmende Anzahl von Kundenbeschwerden verantwortlich sind. In der Geschichte wird dann beschrieben, wie die Versuchsperson ihrerseits eine Lösung dem eigenen Team vorstellt. Bevor sie mit ihrer Idee zum Ende gelangt, wird sie von einem Mitarbeiter unterbrochen. Dieser schlägt eine alternative Herangehensweise vor, die seiner Meinung nach langfristig für die Fluggesellschaft besser ist.
Das Management-Selbstvertrauen der Versuchspersonen wird in dieser Untersuchung systematisch manipuliert, indem der einen Hälfte gesagt wird, sie würden in ihrem Job hervorragende Leistungen erbringen. Die zweite Hälfte der Versuchspersonen wird so instruiert, dass sie davon ausgehen ihre Leistungen würden eher kritisch eingeschätzt.
Die “angeschossenen” Manager brachten tatsächlich dem Vorschlag des Mitarbeiters weniger Vertrauen entgegen. Sie waren seltener bereit, den Vorschlag auszuprobieren und antizipierten für die Zukunft seltener das Bedürfnis, sich bei den eigenen Mitarbeitern Rat zu holen.
Die zugrundeliegende Ursache für die beschrieben Form der Beratungsresistenz der unsicheren Manager scheint eine existenzielle Bedrohung ihres Status als Führungskraft zu sein zu sein. Um diese These genauer zu prüfen, wurden die zuvor verunsicherten Versuchspersonen gebeten, ihre positiven Qualitäten aufzuschreiben. Die Forscher wollten damit das Selbstvertrauen dieser Probanden wieder stärken, was dann den oben beschrieben Effekt eliminieren müsste. Tatsächlich ist dies exakt das Ergebnis dieser zweiten Manipulation.
Die Studie stützt also die These, dass die Ursache für Beratungsresistenz, bzw. das Ignorieren von Hinweisen, im mangelnden Selbstvertrauen der Manager zu suchen ist. Diese müssen sich zunächst ihrer Rolle (als Führungskraft) und ihres Status so sicher sein, dass sie offen für Kritik und Vorschläge sind.
Fazit
Im Kontext von Feedbackprozessen gibt es immer diejenigen, die keine festen Prozesse wollen und darauf vertrauen, dass alles “von alleine” läuft. Dem ist mitnichten so, und die vorliegenden Ergebnisse sind nur ein weiteres Bausteinchen der empirischen Evidenz.
Es gibt in jedem Unternehmen auch Beispiele für “unsichere” Führungskräfte, deren Souveränität durch geeignete Personalentwicklungsmaßnahmen gesteigert werden sollte. Auf der anderen Seite sollte man nicht naiv sein und feste Prozesse für Feedbackrunden etablieren, die ein Vermeiden von Feedback möglichst unwahrscheinlich machen. Ein für alle verbindlicher 360° Feedback-Prozess könnte ein geeignetes Instrument sein, wenn die Ergebnisse zunächst nur dem Manager selbst zurückgemeldet werden. Ein “unsicherer” Manager hat beim 360° Feedback mehr Zeit, sich mit den Meinungen anderer auseinanderzusetzen und kommt weniger in “Rechtfertigungsdruck”. Die Wahrscheinlichkeit, dass dieses Feedback dann auch „gehört“ wird, steigt.
Literatur:
Fast, N., Burris, E., & Bartel, C. (2014). Managing to Stay in the Dark: Managerial Self-Efficacy, Ego Defensiveness, and the Aversion to Employee Voice. Academy of Management Journal, 57 (4), 1013-1034.
Foto: Pedro Ribeiro Simões