Konformität und Gruppendruck
Heute erinnern wir an den US-amerikanischen Psychologen Solomon Asch. Er führte zwischen 1951 und 1956 eine Reihe von Experimenten durch, um den Einfluss der Mehrheitsmeinung in Gruppen zu untersuchen. Das Studiendesign ist einfach. Den Versuchspersonen wurde eine Linie gezeigt, drei weitere standen zur Auswahl. Die Aufgabe bestand darin, sich für die Linie zu entscheiden, die gleich lang war wie die zuerst gezeigte. Keine schwierige Aufgabe. Allerdings befanden sich die Versuchspersonen in einem Raum mit anderen Personen – alles Komplizen des Versuchsleiters -, die die gleiche Aufgabe hatten. Diese Komplizen wählten systematisch nicht die „richtige“ (gleich lange) Linie. Asch konnte damals zeigen, dass sich die Versuchspersonen von der Mehrheitsmeinung der Gruppe leiten ließen und dem Gruppendruck nachgaben. Damals wie heute ein beeindruckendes sozialpsychologisches Experiment.
Warum verhalten sich Menschen so? Das Video zeigt den Versuchsaufbau. Offensichtlich hatten die Versuchspersonen keine negativen Konsequenzen zu befürchten. Von Gruppendruck zu sprechen, ist also eigentlich falsch. Dennoch verhalten sie sich nach einigen Durchgängen mehrheitskonform. In weiteren Experimenten konnte gezeigt werden, dass es den Probanden half, mit ihrer Meinung nicht ganz allein zu sein. Schon wenige andere Abweichler von der Mehrheitsmeinung machten es leichter, die „Wahrheit“ zu sagen.
Warum ist es uns wichtig, an diesen Klassiker der Psychologie zu erinnern? Menschen sind soziale Wesen. Sie streben nach Harmonie. Sicherlich war und ist es ein evolutionärer Vorteil, sich nicht gegen die Gruppe zu positionieren. Für das Individuum ist das klug. Aber ist es das auch mit Blick auf das Gruppenergebnis? Wohl eher nicht.
In Teams braucht es immer auch die Unbequemen. Diejenigen, die eine Gegenposition einnehmen, die das vermeintlich Selbstverständliche kritisch hinterfragen, die unbequem sind. Manchmal haben wir in Gesprächen mit unseren Kunden den Eindruck, dass die Bereitschaft dazu eher abnimmt. Wir haben den Eindruck, dass es weniger Menschen gibt, die eine echte Streitkultur (hart in der Sache – weich zur Person) pflegen. Vieles wird auf Konsens getrimmt. Die Mehrheit wird schon recht haben. Man ist zwar anderer Auffassung, aber behält das für sich. Lohnt sich nicht. Persönliche Risiken werden vermieden.
Aber das ist natürlich ein Problem der anderen – sicher nicht meines! 🙂