OCB: Update zum Organizational Citizenship Behavior
„OCB beschreibt eine Form von freiwilligem Verhalten in Form von zusätzlichem Engagement innerhalb der „Organisation“, in der eine Person arbeitet. Unter OCB wird ein Verhalten verstanden, das außerhalb der (arbeits-)vertraglich geregelten Pflichten liegt und daher nicht einforderbar ist. Es ist für OCB spezifisch, dass es über das forderbare Engagement hinausgeht und es sich dabei nicht um opportunistisches Verhalten handelt, von dem der Handelnde sich einen persönlichen Vorteil erwartet.“ (Quelle: Wikipedia)
In den 70er- und 80er-Jahren wurde das OCB-Konzept populär. Damals war man erstaunt, dass der eigentlich zu erwartende empirische Zusammenhang zwischen Arbeitszufriedenheit und Arbeitsleistung so gering ausfiel. Ursächlich für die geringen Korrelationen war die Art, wie Arbeitsleistung damals operationalisiert wurde. Man definierte Arbeitsleistung ganz eng im Sinne des arbeitsvertraglich zu erwartenden Verhaltens, also zum Beispiel die Anzahl verkaufter Versicherungen bei einem Versicherungsverkäufer. Wenn dieser (hochzufriedene) Verkäufer sich aber als „guter Bürger seines Unternehmens“ nicht ausschließlich um den eigenen Erfolg kümmert, sondern auch einen Teil seiner Arbeitszeit darauf aufwendet seine weniger erfahrenen Kollegen zu unterstützen (obwohl er dazu nicht verpflichtet ist und dafür auch keine Gegenleistung erwartet), dann wirkt sich dies natürlich mindernd auf den Zusammenhang zwischen Arbeitszufriedenheit und Arbeitsleistung aus.
Somit war das OCB-Konstrukt geboren. In den folgenden Jahren wurde dann viel Forschung betrieben und man definierte fünf Hauptkomponenten von Organizational Citizenship Behavior:
- Altruism (Uneigennützigkeit)
- Conscientiousness (Gewissenhaftigkeit)
- Sportsmanship (Fairness)
- Courtesy (Höflichkeit)
- Civic virtue (Bürgertugenden)
Es zeigte sich, dass Personen mit einem hohen Wert auf OCB-Skalen einen wichtigen Einfluss auf die Leistungen von Arbeitsgruppen sowohl in quantitativer als auch in qualitativer Hinsicht haben. Daher ist dieses Konstrukt auch heute noch von hoher Bedeutung. Allerdings stellt sich die Frage, wie in Zeiten der Wissensarbeit uneigennütziges Verhalten im Sinne von Organizational Citizenship Behavior aussehen könnte.
OCB-Studie
Kathryn H. Dekas und ihr Team haben, um dies herauszufinden, bei Google zwölf Fokusgruppen (jeweils mit 7-10 Teilnehmern) untersucht. Was macht also OCB in einer IT-Company wie Google aus?
Die Fokusgruppen bewerteten jeweils die Items aus typischen OCB-Fragebögen, hinsichtlich der Nützlichkeit des Verhaltens und ob diese Verhalten bei Google freiwillig ist. Es zeigte sich, dass einige Items für Google nicht passten. Zum Beispiel wurde das Erscheinen bei Meetings nicht als Verhalten im Sinne von OCB bewertet. Meetings sind bei Google verpflichtend. Auch ein „privates Gespräch auf dem Flur“ bewerteten die Fokusgruppen als nicht positiv für Google. So ein Plausch mag laut Teilnehmern der Fokusgruppen in einer Fabrik positiv bewertet werden, nicht aber bei Google.
In einem Brainstorming überlegten die Gruppen dann, welche Verhaltensweisen bei Google im eigenen Ermessen der Mitarbeiter liegen und zudem für die Organisation einen wertvollen Beitrag darstellen. Insgesamt 615 neue Items wurden so erarbeitet. Anschließend wurden diese gruppiert. Vier der ursprünglichen fünf OCB-Komponenten konnten mehr oder weniger bestätigt werden, vier weitere kamen zusätzlich hinzu. Der neue OCB-Fragebogen für Wissensarbeiter hat die folgenden Dimensionen:
- Employee sustainability (Teilhabe an Aktivitäten, die Gesundheit, bzw. das Wohlbefinden bei anderen und sich selbst steigern.)
- Social participation (Teilnahme an sozialen Aktivitäten, die nicht unmittelbar mit den Arbeitsaufgaben verbunden sind.)
- Civic virtue (Verantwortung für Dinge übernehmen, für die die Organisation steht. „Ehrenamtliches“ Engagement.)
- Voice (Die Stimme erheben, Vorschläge unterbreiten, Prozesse optimieren.)
- Helping (Kollegen freiwillig unterstützen, um langfristig arbeitsbezogene Probleme zu verhindern.)
- Knowledge-sharing (Wissen mit anderen teilen.)
- Individual initiative (Sich für bestimmte Dinge einsetzen, die über das minimal erwartete hinausgehen. Sich um zusätzliche Verantwortung bemühen.)
- Administrative behavior (Planen, organisieren, kontrollieren und supervidieren.)
Fazit
Dekas und ihre Co-Autoren fordern nicht, dass das OCB-Konzept nun völlig neu definiert werden muss. Sie weisen lediglich darauf hin, dass die konkrete Ausgestaltung von OCB-Verhalten von den Besonderheiten der jeweiligen Organisation abhängt. Für ein Unternehmen mit großen Ähnlichkeiten zu Google, könnte der im Artikel veröffentlichte Fragebogen allerdings besser passen als traditionelle OCB-Skalen.
Literatur: Kathryn H. Dekas, Talya N. Bauer, Brian Welle, Jennifer Kurkowski, & Stacy Sullivan (2013). Organizational Citizenship Behavior, Version 2.0: A review and Qualitative Investigation of OCBs for Knowledge Workers at Google and beyond. The Academy of Management Perspectives, 27 (3), 219-237.