Wer oder was ist Gruppenbing?
Gestern durfte ich eine mir neue Moderationsmethode kennenlernen: Gruppenbing! Mein Dozentenkollege Thomas Webers hatte – wie im letzten Jahr auch – für Studierende der Hochschule Fresenius und andere Interessierte einen höchst interessanten Tag organisiert.
Unser Thema war in diesem Jahr die Frage, wie Corporate Social Responsibility (CSR) im Unternehmen gut umgesetzt werden kann. Rund 35 Menschen wollten ihr Potenzial und ihre Ideen einbringen. Ich war sehr gespannt, wie das Team der gruppenbing GmbH aus Berlin den Prozess mit der von ihnen entwickelten Moderationsmethode begleiten würde. In diesem Beitrag soll es daher nicht um die Inhalte sondern um die Reflexion der Methode aus Teilnehmerperspektive gehen.
Schon bei der Ankunft um 9:30 Uhr fällt mir auf, dass das Gruppenbing-Konzept optisch attraktiv umgesetzt wurde. Ganz offensichtlich haben die Macher Mühe ins Design diverser Templates investiert. Das Ergebnis gefällt mir. Namensschilder, personalisierte Ablaufpläne, Notizblöcke usw. sind aus einem Guss. Das alles macht sicher eine Menge Arbeit, wenn man die Prozesse im Hintergrund nicht software-technisch unterstützt. Und so ist es auch. Gruppenbing basiert auf einer webbasierten IT-Lösung, mit der die Administration und Aggregation des Prozesses unterstützt werden.
Zu Beginn sitze ich an einem Tisch mit 5 anderen Teilnehmern. Wir haben kurz Zeit, uns einander vorzustellen. Dann geht es auch schon los. Unsere Aufgabe ist der Fokus auf „Lieferanten“. Wir tun uns etwas schwer, finden dann aber eine Fragestellung, auf die wir unsere gemeinsamen Überlegungen verdichten können. Es folgen zwei Veränderungen der Sitzanordnungen, die dazu dienen in neuer Konstellation die bisherigen Überlegungen zu hinterfragen. Nach ca. 90 Minuten stehen 6 Thesen/Fragestellungen auf einem Flipchart. Diese sollen in den dann folgenden Runden diskutiert werden.
Das Setting sieht vor, dass die an der Diskussion beteiligten Personen eine von zwei unterschiedlichen Rollen einnehmen. Sie sind entweder „Themenmacher“ oder „Kritiker“. Die Themenmacher befassen sich 20 Minuten mit einer der sechs Fragestellungen. Im Anschluss geben die Kritiker für 10 Minuten ein Feedback. Dieses berücksichtigend haben die Themenmacher dann nochmal 20 Minuten Zeit. Es folgen wieder 10 Minuten Feedback und dann nochmal 10 Minuten für die Themenmacher ein Ergebnis zu finalisieren.
Was passiert hier also? Im Prinzip kommt durch die feste Struktur (an die sich auch präzise gehalten wird) ein gewisser Zug in die Diskussion. Die Kritiker/Feedbackgeber wirken wahrscheinlich zusätzlich als Korrektiv, so dass sich alle Themenmacher auch wirklich Mühe geben. Schlussendlich trägt das ständig neue Zusammenwürfeln der Teilnehmer dazu bei, immer wieder neue Perspektiven in die Diskussionen einzubringen.
Die Methode überfordert allerdings manche Teilnehmer logistisch. Ich höre von allen Seiten „Weisst du, was wir jetzt machen sollen?“. Diese Unsicherheit legt sich allerdings mit der Zeit. Einen weiten Eindruck liefert das folgende Video, das ich auf Vimeo gefunden habe:
Gruppenbing im KreativProzessor @z55 from CITY iLIKE on Vimeo.
Mein Fazit: Ich kann mir durchaus vorstellen, statt der übliche Großgruppen-Methode (World Café, Open Space, Zukunftskonferenz) auch mal Gruppenbing einzusetzen. Ich frage mich allerdings, ob der Einsatz immer an die Moderation durch die „Erfinder“ geknüpft ist, oder ob die zugrundeliegende Software auch von anderen eingesetzt werden kann. Leider musste ich die Veranstaltung vorzeitig verlassen und konnte daher diese Frage nicht mehr klären. Vielleicht liest ja einer der Entwickler diesen Artikel und erweitert ihn um einen Kommentar. Ich würde mich freuen und wünsche den Machern auf diesem Weg viel Erfolg für die Zukunft!