
Kritik erschwert Veränderung… Oder: Was ist der beste Ansatz für Chefs?
Diese Forschungsfrage bearbeitet Richard Boyatzis (2013) mit der Methode der funktionellen Magnetresonanztomographie. Er kann mit diesem bildgebenden Verfahren zeigen, dass die Gehirne seiner Versuchspersonen auf positiv-ressourcenorientierte Gespräche anders reagieren als auf negativ-defizitorientierte Unterhaltungen.
Das positive Gespräch regt u.a. das Belohnungssystem des Gehirns an. Das negative hingegen aktiviert Gehirnregionen, die mit Angst assoziiert sind. Dieses neurologische Aktivitätsmuster macht es den Versuchspersonen laut Boyatzis dann schwerer, den Fokus anschließend auf Möglichkeiten/Chancen einer zukünftigen Veränderung zu legen.
Nun sind resourcen-orientierte Ansätze oder „Positive Psychologie“ im Coaching nichts Neues. Ich glaube jedoch, dass insbesondere Führungskräfte recht häufig ihre Gegenüber mit dem konfrontieren, was gerade nicht gut funktioniert – selbstverständlich stets mit dem Ziel, Probleme zu lösen und Schwächen zu schwächen. Aber helfen sie damit wirklich?
Boyatzis hat es wohl so formuliert: “You need the negative focus to survive, but a positive one to thrive.“ Die meisten Chefs sind vermutlich gut beraten, bei ihren Mitarbeitern häufiger mal das Belohnungszentrum des Gehirns zu aktivieren und Kritik zurückzuhalten, um so mehr Lust auf Veränderung zu machen. Vielleicht mit dieser Frage:
„Wenn dein Leben genauso verläuft, wie du es dir wünschst: Was wirst du dann in 10 Jahren machen?“
Ich arbeite seit Jahren daran, klassische Methoden der Personalentwicklung (360° Feedback, Training/Coaching, Development Center etc.) so auszugestalten, dass Veränderungen bei den Zielpersonen möglichst wahrscheinlich werden. Dieser neurologische Befund passt ins Bild.
Wie immer freue ich mich auch unter diesem Blog-Post über euer Feedback und vor allem auch über persönliche Erfahrungsberichte.
Foto: liz west
Hallo Stephan,
es freut mich zu lesen, dass du die Positive Psychologie mit einbringst! Ich kann dir da nur zustimmen und finde, das Zitat von Boyatzis fasst es extrem gut zusammen, fass in Unternehmen eine gute Marschroute abgeben könnte und auch sollte.
Die Frage ist nur: Ab wann kann ein Unternehmen von sich behaupten, dass es die Überlebensphase hinter sich gelassen hat und jetzt auf dem Weg zum Florieren ist? Sind es die messbaren „KPIs“, die zu solch einer Antwort führen oder doch eher die weichen Befindlichkeitsniveaus der Mitarbeiter?
Aber selbst in der „Überlebensphase“ sind natürlich die Interventionen aus der Positiven Psychologie ein hilfreicher Ansatz, den Mitarbeitern das Vorankommen im Beruflichen und Privaten zu erleichtern (und somit schließlich auch dem Unternehmen zu dienen).
Validierte Übungen dazu gibt es ja glücklicherweise zuhauf. 😉
Kollegiale Grüße,
Michael
Hi Micha,
kann ein Unternehmen jemals von sich behaupten, die „Überlebensphase“ komplett hinter sich gelassen zu haben? Du bist jederzeit eingeladen, deinen positiven Blick auf die Welt auch in die Diskussionen in diesem Block mit einzubringen!
Wer es übrigens noch nicht weiss: Michael schreibt viel lesenswertes über positive Psychologie und Zufriedenheit durch Potenzialentfaltung auf seiner Seite, nämlich hier: http://www.tomoff.de
Nabend Stephan,
ich denke, das ist wohl ähnlich der Level auf persönlicher Ebene (z.B. Maslow): Man kann nie ganz ausschließen, durch unvorhergesehene Situationen wieder auf niedrigere Ebenen zurück geworfen zu werden, somit auch auf das des Überlebens.
Ich denke aber schon, dass ein Unternehmen irgendwann in eine bewusste Phase kommt, in der sie nicht mehr nur vom Überleben sprechen muss. Nur wann genau diese anfängt, müssen die Denker an der Spitze dann definieren und für sich klären.
Liebe Grüße,
Micha
Mir fiel dazu spontan der Begriff „Vorbild-sein“ dazu ein. Ich laufe doch mit Freude den Dingen hinterher, die mir gefallen, als vor etwas aus Angst wegzulaufen, was mir missfällt.
Ich würde mich freuen, wenn die Frage nochmals auf dem Blog der Initiative Wirtschaftsdemokratie gestellt würde.
Ich habe mir die Seite der Initiative Wirtschaftsdemokratie angeschaut. Sehr interessant! Allerdings habe ich noch nicht genau verstanden, wie ich im Blog der Initiative meinen Beitrag re-bloggen kann. Ich würde es ja durchaus gerne machen.
Dazu muss ein User-Account von einem Admin wie z.B. mir eingerichtet werden, den ich gleich gerne erstelle. Infos kommen.
Viele Grüße
Martin
Die Account Infos gingen an die E-Mail-Adresse office Deiner Firma.
Mir war bewusst, dass ich diese Wünsche und Visionen nur durch eine Selbständigkeit erreichen konnte, zumindest so wie ich mir das in den Kopf gesetzt hatte. Und wie immer in meinem Leben: Wenn die Zeit für eine Idee gekommen ist und ich dafür brenne, muss diese auch verwirklicht werden.
Hallo Herr Holtmeier,
der Artikel knüpft auch an den von Klaus Grawe postulierten Grundbedürfnissen an. Ich arbeite im Coaching und in psychologischer Beratung recht viel mit diesen Konzepten. Negative Kritik kann dazu führen, dass das „System Selbstwertschutz“ seine Schilde hochfährt und ebengenau die von Ihnen beschriebene Angst auslöst. Wichtig wäre vielleicht noch bei oben beschriebenem Ansatz, was genau mit der (negativen) Kritik eines Vorgesetzten erreicht werden soll. Hier wäre es auch möglich, dass die von mir beschriebene Angst bewusst ausgelöst werden soll.
Herzliche Grüße,
peter reitz
Hier noch ein Link zum Thema „ressourcenorientierte Gesprächsführung“,
(z.B. bei Mitarbeitergesprächen)
http://www.coaching-ausbildung-kompakt.de/blog/item/21-wie-coaching-wirkt-teil-iii.html
Danke für den Link!