Schlaf von Arbeitnehmern: Zahlen, Daten, Fakten
Cedric Hutchings ist der CEO von Withings, einem dieser Hersteller von kleinen Geräten, mit denen man sein gesundheitsrelevantes Verhalten messen/überwachen kann. Diese Daten wandern dann in die Cloud, wo sie zur Auswertung bereitstehen. Der Markt boomt, das kann man allein daran sehen, wie viele Hersteller jetzt mit einer Smart Watch um die Gunst ihrer Kunden werben.
Der Change-Experte in uns jubelt: „You can’t change, what you don’t measure!“ Und in der Tat entfaltet es eine gewisse motivierende Wirkung am Ball zu bleiben, wenn man regelmäßig das eigene Gewicht oder die täglich zurückgelegte Strecke auf dem Smart Phone visualisiert bekommt. Aber die Daten… Ist es wirklich eine gute Idee, so personenbezogene Informationen aus der Hand zu geben?
Cedric Hutchings geht da sogar noch weiter und fragt auf Forbes.com: Should Your Boss ‚Watch‘ You While You Sleep? Also, sollten Firmen Ihren Mitarbeitern Body / Fitness / Sleep – Tracker anlegen, wenn deren Gesundheitsverhalten sich als wichtig für den Unternehmenserfolg herausstellen sollte?
Fakt scheint zu sein, dass das Schlafverhalten der Mitarbeiter einen unmittelbaren Einfluss auf den wirtschaftlichen Erfolg des Arbeitgebers hat. Die National Sleep Foundation schätzt zum Beispiel für die USA, dass Schlafstörungen die dortige Wirtschaft über $100 Milliarden Dollar pro Jahr kosten, hauptsächlich wegen geringerer Produktivität, zusätzlichen Gesundheitsausgaben und Fehltagen wegen Krankheit.
Es ist klar, dass Cedric Hutchings gerne seine Geräte auch an Firmen verkaufen möchte, die dann ggf. ein gutes Schlafverhalten incentivieren könnten. Das muss man sich dann wohl so vorstellen, dass Mitarbeiter die regelmäßig 8h Schlaf bekommen vielleicht mehr verdienen als jene, die sich die Nacht in Bars um die Ohren schlagen. Noch sind wir sicher nicht soweit, aber irgendwie kommt uns die zugrundeliegende Argumentation bekannt vor.
Der CEO von Withings formuliert es so: „For corporate wellness managers, the data offers insight into when and where employees are more at risk of suffering poor sleep conditions. Privacy, however, remains an absolute priority.“
Wir glauben, dass es naiv ist, diesen Trend zu ignorieren. Irgendwie sind die Ergebnisse, die Withings vorlegt ja auch interessant. Wir wollen also die aufschlussreichen Ergebnisse aus Hutchings Artikel zusammenfassen:
Ergebnis 1: Unsere Arbeit bringt uns um 3h Schlaf pro Woche
Laut Withings Health Institute schlafen wir am Wochenende im Durchschnitt ca. 7h und 30 Minuten, während es an den Wochentagen im Schnitt etwas unter 7 Stunden sind. Sofern nun die Schlafdauer der Wochenden ein guter Schätzer für unsern tatsächlich benötigten Schaf ist, würden uns an den Wochentagen folglich in Summe ca. 3h fehlen.
Ergebnis 2: Mit der Rente wird es wieder besser
Wenn wir nun die Schlafdauer von Menschen unterschiedlichen Alters betrachten, dann müsste diese während der berufstätigen Jahre geringer werden und ab der Rente wieder zunehmen. Oder stimmt es, dass ältere Menschen weniger schlafen? Die folgende Grafik zeigt sehr schön, wie es sich auf Basis der Withings-Daten mit dem Schlaf über die Lebensspanne (nur Withings-Nutzer!) verhält.
Mit der Rente wird es wieder besser!
Ergebnis 3: Wer wenig schläft, ist anfällig für Stress
In einer anderen Veröffentlichung, dem Withings Corporate Wellness 360° Survey, berichtet die Firma Daten von 10.000 Nutzern, die unter anderem zu Ihrem Stresserleben befragt wurden. Grundsätzlich gaben über 2/3 der Befragten an, sich von ihrem Job gestresst zu fühlen. Bei den Arbeitnehmern, die über 7h pro Nacht schliefen, waren es aber immerhin 31%, die sich nicht durch ihren Job gestresst fühlten. In der Gruppe derer, die unter 5h pro Nacht schliefen, waren es nur noch 10%, die sich nicht durch ihren Job gestresst fühlten.
Ob nun der wenige Schlaf die unmittelbare Folge eines stressigen Arbeitsalltags ist oder ob die tägliche Schlafmenge maßgeblich eine Auswirkung auf den subjektiv empfundenen Stress hat, können diese Zahlen nicht klären, denn die offensichtliche Korrelation sagt nichts über die Ursache-Wirkungs-Beziehung aus.
Der Artikel gibt aber weitere interessante Einblicke, denn es wird berichtet, in welchen Industrien Arbeitnehmer besonders wenig schlafen. Was glauben Sie? Die Ergebnisse hätten Sie wahrscheinlich nicht vorhergesehen:
- In der IT und im Gesundheitssystem wird am besten geschlafen.
- Mitarbeiter im Bildungssystem bilden das untere Ende.
Bringen die schlechten Leistungen der Schüler und Studenten die Lehrer und Dozenten um ihren Schlaf?
Ergebnis 4: Autofahrer schlafen weniger
Auch das Transportmittel, mit dem man zur Arbeit kommt, hat einen Zusammenhang zu Schlafdauer. Autofahrer scheinen hier klar im Nachteil zu sein. Sie schlafen im Durchschnitt nur 6h und 45 Minuten. ÖPNV-Nutzer und Fahrradfahrer schlafen gut 15 Minuten mehr pro Nacht.
Klar, sie müssen den unvorhersehbaren Stau nicht in gleichem Maße einkalkulieren. Ein weiteres Argument also, das Auto zuhause stehen zu lassen.
Ein Fazit
Cedric Hutchings empfiehlt drei Maßnahmen.
- Aufmerksamkeitslenkung: Arbeitgeber könnten ihren Mitarbeitern tatsächlich zu einem gesünderen Schlafverhalten verhelfen, indem sie Methoden der Messung in den Fokus rücken und das Self-Monitorng ihrer Mitarbeiter anregen und ggf. sogar belohnen.
- Power-Napping: 20 Minuten Schlaf am Nachmittag kann die Produktivität verbessern. Hutchinas zieht hier den Vergleich zu Japan. Dort liegt der Schlafdurchschnittlich mit ca. 6h an den Wochentagen deutlich unter dem US-Durchschnitt. Allerdings sei es dort viel verbreiteter, Schlafmöglichkeiten an den Arbeitsplätzen anzubieten.
- Sportliche Betätigung: Im Gegensatz zu dem, was viele Menschen wohl glauben, ist Sport selbst am (späteren) Abend sehr gut für einen langen und qualitativ guten Schlaf. Analysiert wurden hierfür 9.000 Datensätze von Withings Pulse-Tracker-Trägern. Die folgende Grafik zeigt einige der Ergebnisse, wobei jeweils zwei Gruppen gebildet wurden: Tage an denen kein Sport betrieben wurde (rot) | Tage an denen bedeutsam Sport gemacht wurde (blau). Es zeigt sich, dass nach sportlichen Tagen ca. 15 Minuten länger geschlafen wird, man fast eine halbe Stunde früher zu Bett geht und die Wahrscheinlichkeit zwischendurch aufzuwachen etwas geringer ist.
Foto: Tambako The Jaguar (CC BY-ND 2.0)