Sind Mitarbeiterbefragungen ein Auslaufmodell?
Welche Unternehmen führen heute eigentlich noch eine (klassische) Mitarbeiterbefragung durch? Mit welchen Zielen? Und, hat sich hinsichtlich der Methodik (Stichwort: Agilität) in den letzten 10 Jahren etwas Wesentliches verändert?
Antworten gibt eine aktuelle Studie von Frieg und Hossiep (2018), die in der Ausgabe 4|2018 der Wirtschaftspsychologie aktuell dargestellt wird. Beide Autoren berichten über die Wiederholung ihrer ersten Erhebung zum Einsatz von Mitarbeiterbefragungen in Unternehmen im deutschsprachigen Raum, die Daten aus der Zeit vor der Finanzkrise ab 2008 (Hossiep & Frieg, 2008) berücksichtigt.
Angeschrieben (per Post) wurde jeweils die „Leitung Personal“ der 820 größten deutschen Unternehmen. Für 177 Unternehmen (nach 200 in 2008) wurde der Fragebogen ausgefüllt, was einer Rücklaufquote von etwa 21,5% entspricht.
Die wichtigsten Ergebnisse in Kurzform:
- Verbreitung: Eine Mitarbeiterbefragung wurde schon in 88,5% der Unternehmen durchgeführt. (gegenüber 2008 ein Zuwachs von 8,5 Prozentpunkten)
- 90% machen eine Vollbefragung
- 80,8% befragen regelmäßig (im Durchschnitt alle 2,08 Jahre)
- Hauptzwecke sind „internes/externes Benchmarking“, „Verbesserung der Kommunikation“ und „Umsetzung der Strategie“
- Papierbefragungen werden seltener
- Die meisten Fragebögen benötigen zur Bearbeitung zwischen 15 und 20 Minuten
- Extrem kurze Fragebögen mit sehr hochfrequenten Messungen (z.B. monatlich) scheinen keine große Bedeutung zu haben. Die Autoren sehen bei diesen das Risiko, dass die Ergebnisse zu grob und undifferenziert sind, um damit sinnvoll weiterarbeiten zu können
- Die Themen der verwendeten Fragebögen unterschiedlicher Unternehmen haben eine große Schnittmenge, dennoch sind sie fast immer ans Unternehmen angepasst oder vollständig neu entwickelt. Nur 9,1% greifen auf ein Standardinstrument zurück
- Bei 57,4% sind Freitextantworten möglich
- Linkage-Analysen: Die meisten Unternehmen (63,8%) verknüpfen MAB-Ergebnisse nicht mit anderen Kennzahlen (z.B. Kundenzufriedenheit, Fluktuation, Produktivität)
- Die durchschnittliche Rücklaufquote liegt bei 71,4%
Fazit
Ja, eine regelmäßige Mitarbeiterbefragung war, ist und wird es wohl auch in Zukunft sein: unverzichtbar. Bei allem „Gemeckere“ über Befragungen ist sie ein Instrument gelebter Partizipation und die Ergebnisse sind für jedes Management unverzichtbar. Für uns unerklärlich ist der Verzicht auf Linkage-Analysen, denn aus deren Ergebnissen ließen sich in vielen Fällen hochrelevante Erkenntnisse für das Management ableiten. In Zeiten agiler werdender Unternehmen mag der Eine oder Andere in alternativen Formaten eine große Chance erkennen, aus unserer Sicht sind diese aber eher zusätzlich als alternativ zu betrachten. So bekräftigen die Ergebnisse von Frieg und Hossiep auch unsere eigenen Beobachtungen und können all jene stützen, die sich mit Kritikern der MAB-Methode auseinandersetzen müssen und wollen. Mitarbeiterbefragungen sind nach wie vor ein wichtiges Management-Instrument!
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Literatur:
Hossiep, R., & Frieg, P. (2008). Der Einsatz von Mitarbeiterbefragungen in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Planung & Analyse, 6(2008), 55–59.
Frieg, P., & Hossiep, R. (2018). Mitarbeiterbefragungen – bei den Unternehmen nach wie vor ein etablierter Klassiker. Wirtschaftspsychologie aktuell – Zeitschrift für Personal und Management, 2018(4), 13–16.