Kaum Zusammenhang zwischen Körpersprache und Persönlichkeit
Für die Personaldiagnostik (Assessment Center, Einstellungsinterviews) ist es von höchster Relevanz, die geeigneten Bewerber zu finden und Fehlbesetzungen tunlichst zu vermeiden. Der Profi weiß, auf was in Bewerbungssituationen zu achten ist, aber längst nicht jeder ist ein guter Diagnostiker. In seinem aktuellsten Youtube-Video (veröffentlicht am 7.4.2021) fasst Prof. Dr. Kanning die aktuelle Forschungslage zusammen.
Er bezieht sich dabei auf eine recht aktuelle Metaanalyse von Simon M. Breil, Sarah Osterholz, Steffen Nestler und Mitja D. Back aus dem Jahr 2020, die jedoch als Pre-Print schon seit 2019 ohne Paywall öffentlich zugänglich ist.
Zwar finden Breil und Kollegen (2020) Zusammenhänge zwischen non-verbalem Verhalten (Mimik, Körpersprache, Parasprache und Aussehen) und BIG5-Persönlichkeitsmerkmalen. Diese schätzt Professor Kanning jedoch auch in Summe als relativ gering ein (ca. 10% Varianzaufklärung). Übrigens, überhaupt keinen Zusammenhang finden wir zwischen Attraktivität und Intelligenz!
Während die tatsächlichen Zusammenhänge also eher gering bis zu vernachlässigen sind, neigen wir Menschen aber dazu, aus Körpersprache auf Intelligenz und Persönlichkeit zu schließen. Zu stark glauben wir beispielsweise aus non-verbalem Verhalten auf emotionale Stabilität oder auch auf Extraversion bei unseren Gegenübern schließen zu können, so Breil et. al. (2020). Faktisch machen Menschen also grobe und systematische Fehler, u.a. wird oft z.B. auch gerne von Attraktivität auf Intelligenz geschlossen.
Fazit: Wir neigen dazu, in Körpersprache zu viel hineinzuinterpretieren. Unser Bauchurteil täuscht uns. Es gibt bessere Methoden für eine aussagekräftige Personaldiagnostik:
Literatur:
Breil, S. M., Osterholz, S., Nestler, S., & Back, M. (2019, June 4). Contributions of Nonverbal Cues to the Accurate Judgment of Personality Traits. https://doi.org/10.31234/osf.io/mn2je